Gefundenes Fressen

Ernährungsempfehlungen? Alles Unsinn, die DGE kann man vergessen, sagt der SWR

Eine Autorin nimmt im SWR die deutschen Ernährungsempfehlungen unter die Lupe, genauer: Sie nimmt sie mit Hilfe von Experten gründlich auseinander. Heraus kommt: Vollkorn ist nicht gesünder, und im Grunde kann man essen, was man will. Das ist nicht schön für die Deutsche Gesellschaft für Ernährung, die DGE – besonders, weil diese sich im Beitrag selbst blamiert.

Beitrag von November 2018

Der SWR hat gesundes Essen kaputt gemacht. Wirklich, die haben alles zerstört, was man über richtige Ernährung weiß: den Konsens dazu, was „ungesund“ ist, und das ganze neue Volkswissen über Lebensmittel, Nährwerte und Inhaltstoffe, die heilen oder krank machen.

Also das, was, mit den Worten des neuen Bundeszentrums für Ernährung beim naschhaften Bürger endlich „vom Wissen zum Handeln“ hätte führen können: Dass die Deutschen die „gesunde Wahl“ treffen und an Karotten knabbern statt an Chips.

Dabei hatte sich dieses Wissen gerade erst richtig durchgesetzt.

Es hat Jahre gedauert, bis die einfache Schablone von Gut und Böse beim Einteilen von Lebensmitteln in Deutschland fest etabliert war. Die Welle schwappte aus den USA und dem angelsächsischen Raum zu uns herüber, dort herrscht das rigide „healthy“ oder „unhealthy“ schon längst und bildet das Pendant zur nicht vorhandenen Esskultur.

Das zwanghafte Sortieren von Nahrung soll wohl Ernährungskompetenz simulieren, wirkt aber wie ein hilfloser Versuch, der nationalen Übergewichtskatastrophe zu entkommen.
Mit Erfolg, wie man sieht.

 

Fettarm, salzarm, Vollkorn und Margarine

Prompt stoßen aber auch in Deutschland Ernährungsberater, Blogs, in Schnellkursen geschulte Erzieherinnen, Lehrer, oberflächlich arbeitende Redaktionen und sogar Institutionen, die es besser wissen müssten, in dieses Horn: Schon Kleinkinder lernen, dass Weißbrot und Schokolade „ungesund“ sind, neuerdings ist auch der Primat von Vollkorn und Margarine in den 10 Regeln der DGE, der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, zementiert.

Und erst im Frühjahr 2018 hat ein populärer Bestseller alles nochmal anschaulich erklärt, „Der Ernährungskompass“ von Bas Kast, Quarkundso.de berichtete natürlich. Der Autor hält Milch zum Beispiel für „schädlich“.

Vom Kindergarten bis zum Altenheim sind jetzt jedenfalls alle eingenordet: Gesund ist, was „leicht“, ohne tierisches oder gesättigtes Fett, ohne Weizen, Salz und Zucker, aus Vollkorn und außerdem „schonend zubereitet“ oder am besten gleich roh ist.

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Nur verhält es sich erstens ganz anders. Und zweitens isst niemand nach diesen Vorstellungen. Ein, ja, gesunder Instinkt hält die Menschen davon ab, sehr zum Ärger der Ernährungshüter.

Dazu kommt, dass die größten und besten Studien zu Ernährung und Sterblichkeit bewiesen haben, dass es völlig egal ist, was man isst, wenn man damit normalgewichtig und gesund bleibt. Man kann also wie die Franzosen nie Vollkorn und immer Baguette essen, oder wie die Chinesen nie Rohkost, und trotzdem gesund bleiben.

Sterblichkeit und Erkrankungsrisiko sind dagegen deutlich erhöht, wenn man Übergewicht hat – egal, ob viel oder wenig Vollkorn. Übergewicht ist der kritische Faktor. Fachleute wissen das, obwohl sie es nicht gerne sagen, weil man so keine Ernährungsempfehlungen begründen kann.

 

Aber schmecken muss es doch

Im SWR hat sich nun Reporterin Katharina Schickling aufgemacht, genau diese offiziellen Ernährungsempfehlungen und die Gesund-Ungesund-Schablone in der Ernährung zu hinterfragen.

Es ging im Beitrag speziell darum, ob alle Menschen tatsächlich das eine unbedingt essen und das andere lassen müssen, ob sich Diabetes oder andere Krankheiten vermeiden können, wenn man viele Ballaststoffe oder zusätzlich Vitamine zu sich nimmt und worauf die üblichen Ernährungsempfehlungen der DGE eigentlich beruhen.

Dazu ließ die Autorin zunächst Käufer auf einem Wochenmarkt Lebensmittel auf einem Tisch sortieren: Die „gesunden“ auf die eine Seite, die „ungesunden“ auf die andere. Erwartungsgemäß waren die Marktbesucher gut informiert: Vollkorn, Margarine und Pflanzenöl landeten auf der guten, Butter, Weißbrot und Semmeln auf die schlechte Seite.

Auf die Frage der Reporterin, was denn am liebsten gegessen werde und was am besten schmeckt, antworteten sie aber ehrlich: lieber Butter als Margarine, lieber Weißbrot und Baguette als Vollkornbrot.

Natürlich. Wie sollte es auch anders sein? Jeder, der halbwegs funktionierende Geschmacksnerven hat, weiß, dass ein Butterbrot schmeckt und ein Brot mit Margarine nicht. Und dass knuspriges Baguette zur feinen Vorspeise passt, nicht aber pappiges Vollkornbrot.

 

Vollkorn schützt nicht vor Diabetes

Anschließend befragte Autorin Schickling zwei Ernährungsmediziner dazu. Beide sind Experten für Diabetes und bekannt für ihre kritischen Positionen der DGE gegenüber.
Von Prof. Dr. Andreas Fritsche, Uni Tübingen, lässt sich die Autorin erstmal Blut abnehmen – und wird prompt damit konfrontiert, dass sie Trägerin einer Genvariante ist, die das Diabetes-Risiko um mehr als das Doppelte erhöht.

Ob sie denn nun mit viel Vollkorn den Ausbruch der Krankheit verhindern könne, fragt die sichtlich erschütterte Fernsehfrau den Mediziner. Schließlich werde das immer gesagt, unter anderem von der DGE. Und nicht weniger als 30 Prozent der Deutschen tragen dasselbe Gen, daher würden Millionen von Menschen sicherlich gerne guten Ratschlägen folgen.

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Doch Fritsche muss sie enttäuschen: Leider bewirkt Vollkorn bei diesen Menschen nichts. Das hängt ebenfalls mit der Genvariante zusammen. Sie setzt ein Darmhormon außer Kraft, das den Blutzucker senkt. Es wird normalerweise ausgeschüttet, wenn Vollkorn im Darm landet – nur ist das Hormon bei den Trägern der Diabetes-Variante eben nicht richtig aktiv, ob sie nun viel Vollkorn essen oder nicht.

Auch den 70 Prozent der anderen Deutschen, die dieses spezielle Diabetes-Gen nicht haben, bringe der pauschale Rat, „mehr Vollkorn“ zu essen nichts, schiebt Frische nach. Er zitiert dazu eine eigene Studie mit übergewichtigen Diabetes-Risikopatienten: Wenn sie an Gewicht verlieren, haben zusätzliche Ballaststoffe keinerlei Auswirkungen auf Zucker- oder Fettstoffwechsel.

Das einzige, was sich positiv ausgewirkt hat, sind auch in Fritsches eigener Studie weniger Kalorien und der Gewichtsverlust. Daher lautet der Ratschlag des Diabetes-Forschers für Gefährdete ganz einfach: weniger essen.

 

Demontage der DGE

Letzteres ist seit Jahrzehnten bekannt: Übergewicht ist bei Diabetes und weiteren Stoffwechselproblemen der wichtigste Auslöser, und zwar unabhängig davon, womit man es sich angefuttert hat. Die Sache mit der Genvariante ist auch seit über 10 Jahren klar, beides kann man nicht oft genug herausstellen.

Umso erschütternder ist das Bild, das die DGE dazu abgibt: Autorin Schickling interviewt in Bonn eine Mitarbeiterin des Referats Wissenschaft, das für die 10 Ernährungsregeln verantwortlich ist.

Auf die Frage, warum die DGE nun so viel Vollkorn und Ballaststoffe für alle empfiehlt, wenn sie doch laut Diabetes-Forscher Fritsche gar nicht helfen, blamiert Dr. Christina Breisselband die DGE nach Kräften.

Möglicherweise kann die Wissenschaftlerin nichts dafür. Scheinbar richtet sie sich nach einer Art Sprachregelung, hausintern und für die Öffentlichkeitsarbeit trainiert. Vielleicht war sie auch in einer Medienschulung, in der man ihr beigebogen hat, dass Fachleute sich Laien gegenüber ganz einfach und anschaulich ausdrücken müssen. Am besten in einprägsamen Bildern.

Und so verhaspelt sich die Forscherin, ringt nach Worten und fliegt komplett aus der Kurve: Sie spricht nicht spontan, versucht sich in angelernten PR-Phrasen wie „Ballaststoffe sind das Fitness-Studio für den Darm“ und versteigt sich sogar zu esoterischen Vokabeln, wenn sie erklärt, Ballaststoffe seien im Darm „für die Entgiftung“ zuständig.

Das lässt sich SWR-Autorin Schickling natürlich nicht entgehen. In einem direkt dagegen geschnittenen O-Ton darf der Mediziner Andreas Fritsche die Fachkraft von der DGE abwatschen, indem er Darmreinigung, Entschlackung oder Entgiftung als nicht belegt, altmodisch und rundheraus falsch bezeichnet.

 

Kein gutes Personal in den Fachgesellschaften?

Gläserne Zitronenpresse mit zwei halben Zitronen

Viel hilft viel? Beim Vitamin C können Experten verschiedener Meinung sein.

Der zweite O-Ton aus dem Referat Wissenschaft geht genauso daneben.

Da verstolpert sich Dr. Breidenassel bei Vitamin C. Sie kann nicht erklären, dass der Körper entgegen der landläufigen Meinung bei Vitamin C doch Reserven hat, auch kann sie nicht vermitteln, warum es in anderen Ländern andere Empfehlungen gibt.

Wieder ist Schickling gnadenlos.

Diesmal haut eine Gesundheitsforscherin der Universität Hamburg, eine Ärztin und Expertin für Prävention, im direkt angeschnittenen O-Ton drauf.

In diesen Fachgesellschaften, lässt Professorin Ingrid Mühlhauser bissig durchblicken, ist das Personal nunmal nicht das Beste: Viele Mitarbeiter dort seien nicht dazu in der Lage, Studienergebnisse korrekt zu interpretieren. Da arbeiteten Leute, die ihr eigenes Berufsfeld, die Ernährungswissenschaften, verteidigen wollten und daher nicht objektiv seien.

„Schwere Vorwürfe“, kommentiert Autorin Schickling mit Genugtuung.

Die Montage dieses unglücklichen Gestotteres von Seiten der DGE mit den O-Tönen anderer Fachexperten sind zwar fast ein wenig gemein.

Aber das Mitleid mit den Ernährungshütern hält sich bei Quarkundso.de in Grenzen. Wenn eine Institution nicht in der Lage ist, ihre eigenen Aussagen zu verteidigen und jemanden abzuordnen, der ein paar gerade Sätze in die Kamera sagen kann, dann hat sie den Reinfall durchaus verdient.

 

Die meinen es doch nur gut

Der Fairness halber muss man sagen, dass es natürlich in anderen Ländern – und unter Wissenschaftlern sowieso – divergierende Vorstellungen zu Ernährungsfragen geben kann. Warum auch nicht. Es gibt unterschiedliche Philosophien und Strategien, nationale Besonderheiten oder Trends in der Forschung, die keine endgültigen Ergebnisse gebracht haben.

Wir wollen gegenüber der DGE daher nicht so hartherzig sein wie Frau Schickling. Diese ehrenwerte Gesellschaft meint es nur gut. Außerdem muss man bedenken, dass die 10 Regeln der DGE für die breite Bevölkerung und nur als ganz grobe, allgemeine Richtschnur gedacht sind.

Sie gelten eigentlich nicht für Einzelfälle, Leute mit Stoffwechselkrankheiten, Übergewichtige oder Menschen mit Vorstufen von Diabetes Typ 2, auch nicht für Kinder, Senioren und Menschen in Pflegeheimen.

Das Problem ist nur, dass die DGE das nicht deutlich genug sagt.

 

Prädikat: Bitte anschauen

Außerdem sind die genannten Gruppen zusammen in der Mehrzahl: In Deutschland gibt es jetzt schon weniger Schlanke und Gesunde als Übergewichtige und Kranke. Letztere stellen zusammen einen Anteil von über 60 Prozent. Eigentlich bräuchten diese Menschen, wenn sie abnehmen oder gesund werden wollen, jeweils eine sehr individuelle Ernährungsberatung, die genau darauf eingeht, was den Betroffenen fehlt.

Mit anderen Worten: Die 10 Regeln der DGE können nur noch für den kleineren Teil der Deutschen eine Richtlinie sein – wenn sie denn überhaupt sinnvoll sind. Genau das stellt der SWR grundsätzlich in Frage, und nicht nur er: In den letzten Jahren häuft sich die Kritik an den Vorstellungen der DGE auch in Fachkreisen.

Hier bei Quarkundso.de gibt es diesmal aber nicht so viel Kritik, jedenfalls nicht an dem SWR-Beitrag. Aber dafür eine eindeutige Empfehlung: Bitte anschauen. Wer, wie die gesamte Redaktion, kein Vollkorn mag, Margarine verabscheut und immer dick Butter aufs Brot streicht, weiß danach, worauf es ankommt.

©Johanna Bayer

SWR – Betrifft: Was dürfen wir alles essen? vom 7.11.2018 – nicht mehr in der ARD-Mediathek, aber noch auf Youtube

 

19 Kommentare

  1. Niklas

    Guten Tag,
    ich wollte schon fragen was „die größten und besten Studien zu Ernährung und Sterblichkeit“ sind, auf die Sie sich beziehen, ob Sie da Links zu schicken können. Jetzt habe ich es schon in der Kommentarsektion entdeckt (wenn das alle waren). Vielleicht wäre es auch eine gute Idee die in Artikeln direkt zu verlinken.

    Diesen Absatz verstehe ich nicht:
    „Auch denen …, die dieses spezielle Diabetes-Gen nicht haben, bringe … „mehr Vollkorn“ zu essen nichts. … Studie mit übergewichtigen Diabetes-Risikopatienten: Wenn sie an Gewicht verlieren, haben zusätzliche Ballaststoffe keinerlei Auswirkungen auf Zucker- oder Fettstoffwechsel.“
    Warum wird anhand von Dicken, die im Risiko sind Diabetes zu bekommen, auf alle geschlossen? Ich bin normalgewichtig und bin nicht im Risiko. Die Studie schließt doch nicht aus dass Vollkorn für Leute wie mich tatsächlich gesünder ist. Zudem existiert ja auch mehr als Diabetes. Langfristig als auch kurzfristig. Zudem noch sowas wie Konzentration, auf die sich der hohe Einfachzuckeranteil von Weißbrot sicher auswirkt, wenn meine diabetische Mitbewohnerin meint von Weißbrot kriegt sie nen Anfall. Kann mir schwer vorstellen dass weiß so gesund wie dunkel oder schwarz sein soll.

    Und, Margarine ist echt nicht so der hammer, abr wie kannn man eigentlich kein Vollkorn mögen? Übertriebene Ansprüche an genaue Textur usw, oder ist was mit allen regionalen Bäckereien los? Ich kann Ihnen ein gutes norddeutsches Schwarzbrot mal sehr…

    • Niklas

      empfehlen
      steht da irgendwie nicht mehr lol

    • Kommentar des Beitrags-Autors

      Hallo Niklas,
      haben Sie die SWR-Sendung gesehen? Da ist alles drin, was Sie nachfragen. Die Zahlen sind ansonsten eindeutig – mehr Vollkorn bringt bei vorhandenem Diabetes nichts. Abnehmen bringt was. Die Studienlage und weitere Links können Sie sehr leicht selbst recherchieren, das geht einfach über https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/

      Noch zu Ihrer Frage dazu, ob es Zahlen dazu gibt, wie viele Menschen vorher nicht dick (also schlank) waren, dann Diabetiker wurden und danach etwa übergewichtig: Es gibt Zahlen zu Diabetes und Übergewicht, das ist sehr gut erforscht und sie sind allen bekannt, die sich mit dem Thema beschäftigen, Stand: Von den Menschen, die Diabetes haben, sind 90 Prozent übergewichtig. Übergewicht ist der wichtigste Risikofaktor für Diabetes und ursächlich zusammen mit der genetischen Disposition auch der wichtigste Auslöser. Daher: Nein. Fast alle, die in die Kategorie fallen, wurden erst dick und in der Folge krank. Das gilt für Diabetes Typ 2. Bei Diabetes Typ 1 ist die Lage grundsätzlich anders. Das ist eine andere Krankheit, vermutlich leidet Ihre Mitbewohnerin daran, von der sie schreiben. Hier gab es vor allem früher viele, die in der Jugend schlank waren, dann den Diabetes Typ 1 bekamen – eine Autoimmunerkrankung – und erst dann an Gewicht zulegten. Das lag daran, dass früher die Insulindosis oft falsch eingestellt war, das ergab eine charakteristische Bauch-Fettsucht. Aber das ist hier nicht das Thema, sollte man auch nicht durcheinanderbringen. Ihre Mitbewohnerin ist daher kein Maßstab, auch nicht für die Wirkung von Weißbrot im Körper.

      Dazu legen wir Ihnen aber gerne noch einen Beitrag ans Herz: http://www.quarkundso.de/die-welt-kohlenhydrate/

      Viele Grüße
      Die Abteilung Zuschauerfragen

  2. Klaus

    Als Typ 1 Diabetiker war mir die Vollkornobsession mancher Ernährungsberater nie verständlich. Wenn ich meine Blutzuckerkurve auf meinen kontinuierlichen Glukosemesssystem betrachte, sehe ich beim Vollkornbrot keinen signifikanten Unterschied im Blutzuckeranstieg zu den meisten anderen kohlenhydratenreichen Lebensmitteln.
    Was wirklich einen Unterschied macht, sind Fett und proteinreiche Lebensmittel. Deren Blutzuckeranstieg kann sich über Stunden hinziehen, und ist damit für mich als Diabetiker viel besser mit Insulin zu handhaben.

    Mfg.

    • Niklas

      Hallo Klaus,
      „keinen signifikanten Unterschied im Blutzuckeranstieg“ – nicht signifikant höher? Oder auch nicht signifikant niedriger? Wenn meine Mitbewohnerin Weißbrot isst, ist es signifikant höher und sie bringt sich in Gefahr.

  3. Nici

    Ich hab noch nie geglaubt,was die DGE empfielt.Schon garnicht, seit sie Ihre Empfehlungen von „Fleisch ist ein Stück Lebenskraft“ bis „Die Milch macht’s“ ständig ändert, wie’s der Industrie gerade Recht ist
    Wir Italiener, ernähren uns so, wie es unsere Großeltern taten. Deren hohes Alter ist für uns die Referenz und keine Lobbygesellschaft

  4. Berndt Samsinger

    Die Ernährung ist nun halt mal ein komplexes Thema und kann nur individuell erfolgreich angegangen werden. Und leider gibt es gerade in diesem viel Halbwissen – was gelegentlich schlechter ist als gar nichts zu wissen. Was in der Diskussion fehlt sind aber die grundsätzlichen Verweise darauf, wann Aussagen zutreffen und wann eben nicht. So haben die Mediziner Recht, dass ein gesunder Körper mit ausgewogener Nahrung in der Regel gut umgehen kann. Was sie nicht sagen (wollen): sie stellen die Entgleisung des Stoffwechsels viel zu spät fest – meist wenn der Patient schon unwiederbringlich in den Diabetes abgerutscht ist. Zudem ist viel wichtiger als die genetische Veranlagung die epigenetische Ursache (die mehr als 80% eines Diabetes erklärt). Aber auch die – häufig selbsternannten – Ernährungsspezialisten und deren Sprachrohre machen es sich viel zu einfach. Sie verstehen in der Regel die biochemischen und molekularen Zusammenhänge unseres Essens viel zu wenig und meinen, dass beispielsweise mit kalorisch ausgerichteten Diäten und Gewichtsreduktion Diabetes bekämpft werden kann. Neueste Studien belegen genau das Gegenteil: Adipositas und Diabetes sind nicht hoch korreliert! Und doch wollen uns viele Berater verkaufen, dass Abnehmen das Ziel sein muss. Kurz: Ernährungsoptimierung kann nur individuell, wissenschaftlich (also auf molekularer Ebene) und im Zusammenspiel von Ernährungswissenschaft, Medizin und Compliance-Willen der Anwender erfolgen,

    • Kommentar des Beitrags-Autors

      Völlig richtig – Ernährungsoptimierung muss individuell und wissenschaftlich fundiert erfolgen!
      Was aber Diabetes und Übergewicht angeht: Unter den Diabetikern vom Typ 2 sind 90 Prozent übergewichtig. Übergewicht ist der Hauptrisikofaktor für den Diabetes Typ 2, der eine eindeutige genetische Komponente hat. Wer also das sogenannte „Diabetiker-Gen“ hat, sollte tunlichst nicht dick werden, sonst löst er die Krankheit mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit aus. Diabetes ist in der Tat die wichtigste und häufigste Folgekrankheit von Adipositas, das Risiko dafür ist höher als für Herzinfarkt. Dass es neue Studien gibt, die etwas anderes sagen, wäre mir nicht bekannt, eigentlich sagen gerade die neueren Studien immer klarer, dass der Zusammenhang kausal besteht.

      • Niklas

        Hallo Frau Bayer,
        gibt es auch Zahlen dazu, wie viele vorher nicht dick waren, dann Diabetiker wurden und dann übergewichtig wurden? Das müsste ja zur Vollständigkeit halber noch gesagt werden. Dick&Zucker deutet ja erstmal keine Richtung an, als Folge von dick oft Zucker zu bekommen ist schonmal ein Hinweis, wenn diese aber letztlich nur 10% der dicken Diabetiker ausmachen, würde das ja heißen, die meisten die in beide Kategorien fallen wurden erst mit der Krankheit dick.

  5. Dr. Rainer Neugebauer

    Hallo Frau Bayer,
    als Ernährungswissenschaftler hat mich Ihr Beitrag sehr interessiert und habe den Ausführungen von Prof. Fritsch von der Uni Tübingen gespannt verfolgt. Mich als Wissenschaftler interessiert in diesem Zusammenhang sehr, wo ich die Studien nachlesen könnte. Leider hatte meine Internetrecherche (auch in englischer Sprache) keinen Erfolg (sogar auf der Homepage der Uni Tübingen nicht!?!). Um welches „Darmhormon“ handelt es sich? Wäre schön, es gibt ein paar Hinweise, wo sich Fachpersonal mit den Studien direkt auseinander setzen könnte!!! Es grüßt Sie recht herzlich aus Löhne, Ihr Dr. Rainer Neugebauer.

  6. Bianca

    Hallo Frau Bayer,

    Schade, dass Frau Schickling leider an einen weniger kompetenten Mitarbeiter der DGE geraten ist.
    Zum Thema Vollkorn und warum es empfohlen wird:
    Vollkorn wird nicht empfohlen um Kalorien zu sparen, denn auf 100g gerechnet haben Weißbrot und Vollkornbrot fast gleich viel kcal.
    Es geht dabei eher um den Vitamin- und Mineralstoffgehalt, der weitaus höher ist. Und auch um die Ballaststoffe. Natürlich ist sowas wie Entschlackung Humbug. Allerdings sorgen Ballaststoffe für eine lange Sättigung und einen gleichmäßigen Anstieg des Blutzuckers, was eben den positiven Effekt was Diabetes betrifft erklärt.
    Außerdem regulieren sie die Darmtätigkeit. 😉
    Also die Empfehlungen der DGE haben durchaus ihre Berechtigung, auch wenn ich nicht immer einer Meinung mit der DGE bin

    Liebe Grüße,
    Bianca, Diätassistentin

    • Sebastian Frey

      Liebe Bianca,

      sicherlich wird Johanna auch noch hier antworten, aber mit Formulierungen wie
      „regulieren sie die Darmtätigkeit“ wäre ich sehr vorsichtig, wenn ich das „wie“ nicht auch erklären und mit wissenschaftlichen Studien hinterlegen könnte. Kannst du das?
      Ansonsten ist das genauso eine „PR-Phrase“ wie die Sache mit dem gleichmäßigen Anstieg des Blutzuckers. Darmfloren (oder floras?) sind nämlich verschieden und verwerten die Nahrung auch unterschiedlich. Ich erinnere mich noch sehr gut an eine intensive Diskussion mit der Autorin über eine israelische Studie, wo es von genetischen Faktoren abhing, wie der Blutzucker auf Vollkorn/Weißmehl reagiert. Bei einem Teil war der Anstieg bei Vollkorn stärker, wimre. Zwar war die Gruppe ziemlich klein (14 Leute insgesamt bzw. pro Gruppe. Das weiß ich nicht mehr genau). Trotzdem spricht die Studie gegen allgemeine Empfehlungen.

      Und genau darum geht es ja in diesem Beitrag.
      Ich selbst esse gerne Vollkorn und denke auch, dass es besser ist. Aber das wegen der Inhaltsstoffe der Schale (sekundäre Pflanzenstoffe) und weniger wegen dem Sättigungsgefühl oder Blutzucker.

      Schöne Grüße
      Sebastian, Physiker

      • DirkNB

        Hallo Sebastian,

        waren es nicht die Schalen gerade auch von Getreidekörnern, die besonders viel von den Stoffen enthielten, mit denen sie sich gegen ihre Fressfeinde wehrten? Nun wird die Pflanze an sich den Menschen nicht unbedingt als Fressfeind erkannt haben, original hilft das wohl eher gegen Kerb- und andere Kleintiere. Aber, wer weiß? Was so einem Coleorrhyncha nicht bekommt. könnte auch dem Menschen auf die Verdauung schlagen. Oder minimiert das Bohei, das wir dem Getreidekorn angedeihen lassen, die schädlichen Ingredenzien? Mahlen, gären und backen bleiben ja nicht völlig wirkungslos … 😉

        Viele Grüße

        Dirk, Physiklehrer

        (Beitrag bitte ironisch verstehen.)

      • Kommentar des Beitrags-Autors

        Liebe Bianca, lieber Sebastian,

        ich antworte mal auf beide Mails zusammen: Ja, über Kohlenhydrate haben Sebastian und ich schon diskutiert: http://www.quarkundso.de/die-welt-kohlenhydrate/

        Die israelischen Studien sind physiologische Studien, da braucht man keine riesigen Probandengruppen. So etwas ist eher grundlegende Forschung, die Israelis haben auch schon weitergemacht und andere Studien haben es bestätigt: Vollkorn ist genauso insulinwirksam und blutzuckererhöhend wie ausgemahlenes Mehl, nur verlaufen die Kurven etwas anders. Dazu kommt, dass die Reaktionen der einzelnen Organismen sehr individuell sind. Diabetikern rät man daher, soweit ich weiß, nicht immer nur zu Vollkorn, weil die es dann mit einer langen Insulinanforderung und einem langen Anstieg ihres Blutzuckers zu tun haben. Das ist bei ihrer Stoffwechsellage schlecht. Darum drehen sich gerade die Diskussionen, und deshalb sprechen auch die Diabetes-Experten Fritsche und Nawroth das im Beitrag an.

        Was die Ballaststoffe angeht, ist die Lage wohl auch etwas anders, als die konventionelle Richtung sie darstellt. Natürlich gehören Ballaststoffe in die Mischkost. Aber ob es so viele sein müssen, und dann aus Getreide, das ist die Frage, auch im SWR-Beitrag. Die Kritiker sagen ja nicht, dass Ballaststoffe schädlich sind, und sie wollen auch nicht bewirken, dass man überhaupt keine Ballaststoffe mehr isst. Es geht nur um die Gesundheitsversprechen der konventionellen Ernährungshüter. Daraus folgt nämlich, dass Leute noch mehr hochkalorische Lebensmittel wie Vollkornbrot und Nudeln essen, im Glauben, dass das so „gesund“ sei, und dabei werden sie immer dicker und bekommen Diabetes. Das ist die Klemme, in der die konventionelle Denke steckt. Im Kohlenhydrate-Beitrag sagt es Prof. Hans Hauner daher folgerichtig: Man kommt eigentlich davon ab, den Menschen vorzuschreiben, was sie essen sollen.

        Was die Sättigung angeht: Es ist durchaus fraglich, ob Ballaststoffe was mit Sättigung zu tun haben. Was sättigt, spielt sich meines Wissens primär im Magen ab und nicht dort im Darm, wo die Ballaststoffe später aufquellen. Das ist das Standard-Argument – Ballaststoffe sollen angeblich sättigen, weil sie sich im Darm mit Flüssigkeit vollsaugen. Aber Sättigung beginnt in Magen, dann im Dünndarm (Blutzucker, eigentliche Verdauung), dann ist Ende. Ob diese – spätere – Quellung im Dickdarm länger satt hält, hat sich mir noch nicht wirklich erschlossen.

        Die Ballaststoffe sind im Darm halt eminent wichtig für die Bakterien, deren Futter sie darstellen. https://www.wissenschaft-aktuell.de/artikel/Wie_Ballaststoffe_den_Darm_schuetzen1771015590266.html
        Aber Sättigung, nun ja. Am besten sättigt Eiweiß zusammen mit Fett, aber das hört und sagt man nicht so gerne. 🙂 Dass Ballaststoffe die Darmtätigkeit angeblich „regulieren“, stimmt sicher auf eine gewisse Weise, wenn man Verstopfungen hat oder einen trägen Darm. Das ist mehr so Hausapotheke. Forscher Andreas Fritsche sagt ja im SWR-Beitrag explizit, dass man mit der Stuhlmenge (wohlgefüllter Darm durch Ballaststoffe) nichts an der Gesundheit drehen kann (sein O-Ton bei 8:55 min.).

        Viele Grüße und danke für euer Interesse
        Johanna

        Ach so, noch was, @Sebastian: Ich esse nicht gerne Vollkorn und denke auch nicht, dass es besser ist. Schlecht ist es deshalb nicht. Aber es schmeckt halt nicht. Mal eine Scheibe Brot, okay, auswärts. Hunger treibt`s rein. Mehr nicht. #TeamBaguette 🙂

        • Florian

          Liebe Johanna,

          ich hoffe, ich bin nicht zu spät dran, um hier noch eine Antwort zu erhalten. Du zitierst am Ende deines Kommentars Andreas Fritsche mit der Aussage, dass man mit der Stuhlmenge nichts an der Gesundheit drehen kann.
          Gleichzeitig sagst du aber auch, dass man sehr wohl seine Darmtätigkeit mitunter über die Ballaststoffzufuhr regulieren kann und dass die Ballasstoffe eminent wichtig als Futterquelle für die Bakterien im Darm sind.

          Den Einfluss auf Diarrhoen klammere ich jetzt mal aus, da der fast nur akut wichtig ist. In der Prävention von Obstipationen spielen Ballasstoffe bei ausreichender Trinkflüssigkeit aber schon eine große Rolle, da das höhere Stuhlvolumen die Darmperistaltik anregt. Das ist gerade wichtig für Leute, die sich nicht viel bewegen (können). Häufige Obstipationen sorgen für einen höheren intraluminalen Druck und begünstigen die Entstehung von Divertikeln (mehr als sowieso schon altersbedingt entstehen). Divertikulose ist bei den meisten Menschen komplett asymptomatisch, aber bei sehr wenigen kann sie im Falle einer Entzündung der Divertikel bis zum Tod führen. Außerdem hast du ja schon den wissenschaftlichen Artikel zu den mukosafressenden Bakterien verlinkt, die sich bei ballaststoffarmer Diät vermehren und die Auslösung von CED und Darminfekten begünstigen. Deswegen würde ich dem Zitat von dem Doktor widersprechen, dass die Stuhlmenge (im Sinne von Volumen) keinen Einfluss auf die Gesundheit hat.

          Liebe Grüße,

          Florian

          • Kommentar des Beitrags-Autors

            Lieber Florian,
            Andreas Fritsche bezieht sich auf das Diabetes-Risiko, und er sagt im Film des SWR, dass man mit der Stuhlmenge nichts an der Gesundheit drehen kann. Damit meint er Diabetes und andere Krankheiten, vor denen ballaststoffreiche Kost angeblich – pauschal – schützen sollen, weswegen – ebenso pauschal – Vollkorn empfohlen wird. In den Kommentaren zu dem Beitrag haben ja verschiedene Leser diskutiert, und ich habe geantwortet, mein Standpunkt ist dazu klar. Darauf beziehst Du Dich scheinbar. Was Du danach beschreibst, ist etwas, dem Andreas Fritsche sicher nicht widersprechen würde. Was Verstopfungen angeht, und die Darmperistaltik: Das ist ein weites Feld, ebenso das Thema Bettlägerige und diverse Erkrankungen des Verdauungssystems. Aber auch hier: Dass Fasern in der Nahrung bei Krankheiten und Verstopfungen helfen können, ist unstrittig. Aber es hat nichts mit den Gesundheitsversprechen zu tun, die oft damit gemacht werden. aber ich sehe in Deinem Kommentar keine Frage, die ich oder die Herr Fritsche beantworten sollte. Was genau ist Deine Frage? Und eine Frage meinerseits: Hast Du Dir den SWR-Film angesehen?
            Viele Grüße
            Johanna von Quarkundso.de

  7. Martin

    Danke für diesen Artikel und den Hinweis auf das Video!
    Fast alles Wichtige ist drin, beim Thema Brot auch der Hinweis auf Zusatzstoffe, die eher negativ wirken (die man in einer ausgewogenen Ernährung also meiden sollte!).
    Ebenso Aufklärung über den Missbrauch, der mit der Wissenschaft getrieben wird, indem so viele qualitativ minderwertige Studien (und das sind in der Ernährung themenbedingt die meisten!) zitiert und salonfähig gemacht werden, dass man den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht.
    Danke!

    Viele Grüße
    Martin

  8. Liebe Johanna,

    Chapeau!

    Katatrina Schickling ist mir schon 2016 mit einem Beitrag über „Weizen, Milch und Co“ sehr angenehm aufgefallen. Und ich gestehe, dass ich diese Schwarz-Weiß-Malerei in keinem Bereich unseres Lebens gut heiße. Nur, weil wir und die Wissenschaftler nicht in der Lage sind die vielschichtigen Zusammenhänge zur erkennen und zu benennen, dürfen wir nicht auf solche Vereinfachungen reinfallen oder sie verbreiten.

    Es gibt in der Ernährung kein gut und schlecht, es gibt – da sind wir mal wieder einer Meinung – schmeckt gut und schmeckt nicht… und der Genuss und das Kochen sollte immer im Mittelpunkt stehen. Auf ein hoffentlich baldiges kulinarisches Treffen freue ich mich.
    Liebe Grüße
    Anne