Gefundenes Fressen

Fasten ist für Doofe, sagt die FAZ. Aber was, bitte, ist das für ein Text?

Drei gegrillte Sardinen

Fastenessen: traditionell Fisch.

In der FAZ polemisiert eine Redakteurin nach Kräften gegen das Fasten: Sie hält das „verstaubte religiöse Ritual“ für einen Vorwand verklemmter Selbstoptimierer, die sich Genüssen verweigern. Man kann das denken. Aber man kann es nicht schreiben – nicht so. Quarkundso.de mit Anmerkungen zum journalistischen Handwerk.

Es ist Fastenzeit, daher kommt nach der Sache mit dem Übergewicht und Plasberg wieder was mit Verzicht. Das ist zwar langweilig, aber was sollen wir machen.

Wenn ein Thema so aktuell ist, müssen wir reagieren, da hat Quarkundso.de keine Wahl.

Wir sind das Opfer.

Zum Glück bietet aber der Fall, der heute behandelt wird, viel Abwechslung.

Es geht um die Berufsehre der Journalisten, ihr Handwerkszeug und ihre Kernkompetenz, gewisse redaktionelle Pflichten, außerdem natürlich ums Fasten im Allgemeinen und im Besonderen, und dann noch um Bürorituale, unfeine oder elegantere Ausflüchte und eine deutsche Obsession namens Geburtstagskuchen.

Ein buntes Programm, und alles abgehandelt an einem einzigen Artikel aus der FAZ. Das ist doch schön.

Bei der FAZ hat man sich nämlich mit dem Fasten vor Ostern beschäftigt, einem saisonalen Bedürfnis nach Pause vom Konsum, das zur vorösterlichen Bußzeit gehört und mit allerlei religiösen Pflichten einhergeht. Die Pfarrer freuen sich, dass das Konzept in den letzten Jahren auch bei einer wenig religiösen Klientel ins Blickfeld gerät.

Die FAZ aber ärgert sich.

In Frankfurt ist man gegen das Fasten. Schon letztes Jahr hat im FAZ-Blog eine Psychologin gegen Verzicht und Abnehmversuche polemisiert, Quarkundso.de berichtete.
Dieses Jahr hat das Ressort Gesellschaft eine Breitseite gegen das Fasten abgeschossen, übrigens am Tag der gesunden Ernährung, dem 7.3.2018.

 

Fasten? Alles Kokolores

Das ist insofern bemerkenswert, als dass eine Form des Fastens, das Intervallfasten, gerade ganz groß rauskommt. Viele entdecken, dass diese Art von Nahrungspause an nur ein oder zwei Tagen in der Woche sehr effektiv sind, um das Gewicht zu regulieren. Vor allem lässt sie sich ganz einfach praktizieren.

Die FAZ sagt: Alles Kokolores.

Das neue Gesundheitsheft von Gruner&Jahr hat mit dem Thema Intervallfasten einen Hit gelandet. Dort hat der Fernseharzt Eckart v. Hirschhausen von seinen persönlichen Erfahrungen mit dem Kurzzeitfasten berichtet: 10 Kilo abgenommen, Gewicht gehalten, einfaches System. Er berichtet auch über Studien und spricht mit einem Fastenexperten und Forscher. Das Heft war sofort ausverkauft, man musste nachdrucken.

Auch ohne Promi-Faktor erscheint ein Arzt nach dem anderen auf diversen Kanälen und betont, dass dieses Intervallfasten speziell Diabetikern und Übergewichtigen Kalorien ersparen kann, ohne dass übermäßiger Hungerstress auftritt. Intervallfasten ist nicht radikal, greift nicht tief in die Essgewohnheiten ein und bedeutet keinen langfristigen Stress wie Diäten mit strenger Kalorienreduktion, die man über Monate durchhalten muss.

Die FAZ: Der Quatsch nervt.

Forscher und Mediziner erklären dazu außerdem, dass der kurzzeitige Nahrungsverzicht und eine längere Nahrungspause am Tag geradezu artgerecht für den Menschen ist, weil das ständige Futtern zwischendurch, etwa von Kuchen, Schokoriegeln und Chips, den Stoffwechsel überfordert. Das Intervallfasten macht es laut Praxisberichten sogar möglich, dass der Körper sich umstellt und man schädliches Essverhalten mit dem Kurzzeit-Verzicht ganz loswerden kann.

Die FAZ höhnt: Spaßbremsen, elende!

Tatsächlich lehnt die Autorin des kleinen Artikels in der FAZ das Fasten rundheraus ab, hält es, was Mäßigung beim Essen angeht, für nur vorgeschützt und für einen „verstaubten religiösen Ritus“ (wörtlich), alles in allem nichts als Imagepolitur prahlerischer Selbstoptimierer, die zeigen wollen, wie gut sie sich selbst beherrschen können.

 

Eine Welt voller verklemmter Selbstoptimierer

Jetzt ist natürlich die Frage: Welche Gründe hat man in Frankfurt für das Verdammen der Fastenpraxis? Wo und wie hat die Autorin recherchiert, welche Argumente hat sie? Und was ist das eigentlich für ein Beitrag?

Letzteres, das journalistische Genre, ist nicht so einfach auszumachen: ein Kommentar? Eine Glosse? Ein Bericht?

Aufhänger ist ein Geburtstag in der Redaktion, von dem die Autorin erzählt.

Da hat ein Kollege Kuchen mitgebracht und nicht alle Stücke gingen weg; das sei doch traurig und unhöflich; in welcher Welt leben wir denn, dass nicht einmal einer Kuchen mitbringen kann, ohne dass Leute sagen „Nein danke, für mich nicht“, und zwar mit Berufung auf die Fastenzeit.

Dann entwickelt sie ihre Thesen: Die Verweigerer behaupten, dass sie fasten, weil das schicker und trendiger klingt als Diät oder Daueraskese.

„Fasten hingegen ist sexy, Fasten bedeutet, dass man sich selbst im Griff hat, zwar nur für vierzig Tage, aber hey … Und so treiben sie dahin, die Fastenden und Intervallfastenden: Frei von Wassereinlagerungen, fester Nahrung und Zwängen („Ich brauche kein Essen, um glücklich zu sein.“) schweben sie durch einen zucker- und spaßbefreiten Alltag.“

Den wenigen, die vielleicht doch aus religiösen Gründen fasten, bescheinigt die Autorin, dass sie das Ganze falsch verstehen. Verzicht auf Schokokuchen habe Jesus nämlich nicht gewollt. Im „religiös-traditionellen Sinne“ gehe es „selbstverständlich ums Entgiften“.

Kein Witz, das steht da wirklich, in der FAZ – Jesus auf Detox.

 

Das böse G-Wort

Gemeint ist das von der Autorin als Entgiften „im körperlichen und im geistigen Sinn“: „ungesunde Gewohnheiten loslassen, sich von höheren Gedanken leiten lassen.“

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Die Goldenen Blogger: Nominiert als einer der vier besten Foodblogs 2015

Diese Definition ist so anachronistisch wie oberflächlich – Lifestyle-Wischiwaschi für eine Leserschaft, der das böse G-Wort gar nicht erst zugemutet werden kann: Gott.

Um den geht es aber beim Fasten vor Ostern, und zwar nach dem Verständnis der katholischen Kirche.

Denn die Protestanten haben keine Fastenpflicht, oder von welchen Religionen redet die Autorin? Im Besonderen geht es aber um Buße und Umkehr, um das Evangelium und die Vorbereitung auf Ostern.

Mit lästigen Fakten will sich die FAZ-Frau aber nicht aufhalten. Sie tut einfach, als gäbe es so etwas wie ein allgemeines „religiös-traditionelles“ Fasten, wie im spirituell beliebigen Retreat des Yoga-Zentrums um die Ecke.

Nach ihrem Verständnis ist es auch vollkommen egal, worauf man verzichtet, Hauptsache irgendwie „entgiften“. Am Ende fordert sie daher, dass Leute in der Fastenzeit lieber nicht auf das Essen von Süßigkeiten, sondern zum Beispiel auf das „Doof-Sein“ verzichten sollten.

Das sei doch wenigstens was Soziales und der arme Kollege hätte seine köstlichen Kuchen nicht wieder nach Hause tragen müssen.

Spätestens an dieser Stelle wird zumindest das Genre klar: Es sollte was Humoristisches sein. Was für die junge Zielgruppe, unter 30, zu der die FAZ-Frau selbst gehört.

 

Viel Meinung, schlechtes Handwerk

Logo Wissenschaftsblog 2015

Wissenschaftsblog 2015: Sonderpreis der Redaktion „Wissenschaft kommuniziert“

Nun liegt die gesamte Redaktion von Quarkundso.de ganz knapp außerhalb dieser Altersgrenze von „unter 30“. Mit dünnen, verkniffenen Lippen sitzt die Chefredakteurin vor dem Text, neben sich einen ungesüßter Kräutertee, denn es ist Fastenzeit.

Was Religiöses angeht, verstehen wir altersgemäß wenig Spaß. Noch weniger Spaß verstehen wir – aus Gründen – bei Recherchefragen rund ums Essen. Bei Textfehlern dagegen sind wir eher nachsichtig. Gerade, wenn es um Anfänger wie diese Autorin geht. In einem Online-Portal oder so.

Aber nicht bei der FAZ.

Wer so angibt mit seinem Renommee und diesem Slogan mit dem klugen Kopf, der muss auf einen groben Klotz auch einen groben Keil vertragen: Was ist das für ein Text? Hat da niemand drüber geschaut?

Wobei hier keineswegs billiges Personal aus der Riege der hungerleidenden Freien schreibt. Sondern eine fest angestellte Redakteurin des Ressorts Gesellschaft.

Da darf man ein paar unbequeme Fragen stellen.

Zuerst kommen die reinen Recherchepflichten dran: Auch bei einem humoristischen Stück ebenso wie bei Meinungsbeiträgen muss zur Sache selbst etwas kommen.

In diesem Fall wäre das ein Wort zum medizinischen Fasten, neben dem religiösen.

 

Medizinisches Fasten einfach ignoriert

Schließlich verdammt die Autorin auch das Intervallfasten, das aus der medizinischen Forschung stammt. Fasten aus gesundheitlichen Grünen haben aber schon antike Ärzte lange vor dem Aufkommen des Christentums verordnet und es gibt meterweise Literatur dazu, zum Beispiel bei Rheumakrankheiten.

Ein Satz hätte genügt. Diesen Hintergrund komplett auszulassen, ist ignorant.

Dann: Das religiöse Fasten hat mit „Entgiften“ wenig zu tun, und es ist offensichtlich, dass die Autorin keine Ahnung von den Fastenregeln etwa in der katholischen Kirche oder überhaupt in Religionen hat.

Ganz abgesehen davon, dass die esoterische Modevokabel „Entgiftung“ an sich schon verdächtig ist. Hier aber wird sie höchst unbedarft verwendet und in der Definition des Fastenbegriffs von der Autorin sogar positiv besetzt.

Eine anständige Redaktion hätte da eingreifen müssen.

 

Gewollt und nicht gekonnt

So urteilt die Autorin, ohne den Sachverhalt zu kennen.

Ihren fastenden Kollegen wirft sie dabei Heuchelei und Angeberei vor. Denn „in der Welt der Selbstoptimierer“ komme jeder noch so „profane Vorwand gerade gelegen“ um „sich selbst zu geißeln und noch fitter zu werden.“

Moment – wieso „profan“? Das bedeutet doch „weltlich“, im Gegensatz zum Sakralen? Und die Autorin redet an dieser Stelle gerade von einem religiösen Grund, den die Spaßbremsen vorschützen, um ihre Selbstkasteiung zu rechtfertigen.

Sollte sie vielleicht so etwas gemeint haben wie: „jeder noch so abstruse Vorwand“? Oder „jeder unglaubwürdige“, „fragwürdige“, „zweifelhafte“, „abwegige“? Das hätte zu ihrer Aussage gepasst.

„Profan“ passt nicht und legt leider nahe, dass die Autorin nicht weiß, was dieses Wort bedeutet. Das wiederum passt zu ihren Bildungslücken bei der Religion, und auch hier hätte eine Redaktion klarstellen müssen, worum es geht.

Damit wären wir in der Sphäre des journalistischen Texthandwerks.

Hätte es einen ordentlichen redaktionellen Durchgang gegeben, wären der „Schokladenkuchen“ und die Doppelung in der Bildunterschrift auch rausgeflogen.

Foto mit Schokoladenkuchen, nah, und Text mit Fehlern

„Warum Schokladenkuchen fasten, wenn man auch auf aufs Doof-Sein verzichten kann?“ Original-Bildunterschrift der FAZ. Bestimmt waren das die Onliner.

So ein Tippfehler ist zwar eine lässliche Sünde, das kann passieren. Schlusskorrektoren gibt es ja kaum noch, schon gar nicht im Online-Bereich. Weshalb sich gewisse FAZ-Redaktionen, wenn es um Fehler geht, gerne auf die schlampigen Onliner rausreden, wie wir aus gut informierten Kreisen wissen.

Aber richtig peinlich wird es, wenn die Autorin erklären will, warum es früher mal zwei Fastentage in der Woche gab. Sie schreibt:

„Der Mittwoch erinnert an den Verrat Jesu, der Freitag an seine Kreuzigung.“

Das ist schon mehr als ein durchgerutschter Tippfehler. Das ist ein dicker Grammatikpatzer, falscher Genitiv, auch noch lateinisch. Der geht, ebenso wie die irreführende Verwendung von „profan“, in eine fatale Richtung: gewollt und nicht gekonnt.

 

Profis müssen das spüren

Der hochgestochene lateinische Genitiv der U-Deklination „Verrat Jesu“ gehört sowieso nur in eine Predigt, nicht in ein Publikumsblatt. Hier wirkt die Form aufgebläht und bemüht.

Autoren, die mit Latein angeben wollen, sollte aber auf jeden Fall klar sein, dass „der Verrat Jesu“ in erster Linie bedeutet: „der Verrat, den Jesus begangen hat“. „Der Verrat an Jesus“ hätte genügt, den Text davor hätte man dazu leicht anpassen können.

Also nicht: „der Verrat, dem Jesus zum Opfer fiel“, was „Verrat Jesu“ aussagt. Wobei den Verrat folglich Jesus selbst begangen hat,

Zu schreiben, das Fasten am Mittwoch erinnere an den Verrat Jesu, obwohl es der Verrat des Judas war, ist aber nicht irgendein Lapsus. Er gehört zum Typ Kategorienfehler – wenn es mit der Logik hapert. Das ist mehr als nur ein Textproblem.

Wenn redigiert worden wäre, hätte man das rausgekämmt, ebenso die falsche Wortwahl an einer anderen Stelle:

„Allein, der ehemalig religiöse Brauch wurde von den Fitness-Influencern und Yoga-Lehrern dieser Welt zweckentfremdet.“

„Ehemals“ muss das heißen, „ehemalig“ ist, sorry, die falsche Wortart.

Auch das ist ein sprachlogischer Patzer der Art Kategorienfehler. Wer Profi ist, braucht die Wortarten aber nicht erst im Duden nachzuschlagen. Was geht und nicht geht, muss man spüren. Das sind die absoluten Basics.

Kleine Betriebsunfälle wie Tippfehler sind damit nicht gemeint, auch ist Deutschlehrer-Gemaule oder geschmäcklerische Kritik kein Maßstab.

Es geht hier aber um die Art von Sprachgefühl, das für Journalisten so etwas ist wie die Grundrechenarten für Bankkaufleute. Wobei es tatsächlich vorkommt, dass Autoren ordentliche Texte machen und erleben, dass ein Redakteur verschlimmbessert (wir können das beweisen).

Aber egal, wer es verbockt hat: Für ein Blatt wie die FAZ geht so etwas nicht. *

 

Die heiligen Bürorituale

Jetzt soll mit der Sprachpingelei aber Schluss sein. Wir kommen in Teufels Küche, wenn sämtliche FAZ-Praktikanten rachsüchtig bei Quarkundso.de auf die Suche nach Fehlern gehen.

Kommen wir also endlich zu den Inhalten. Zum Kern der Sache, dem – vorgeschützten – Fasten. Das ist ja das Thema der Autorin, am Beispiel des verschmähten Geburtstagskuchens.

Sie fragt:

„Warum aber waren die Kollegen so wenig fress- und schokoladenwütig?“

Als ob Fress- und Schokoladenwut der Naturzustand des Menschen wäre.

Es ist doch mehr als verständlich, dass einige Kollegen dankend ablehnen. Wir jedenfalls verstehen es. Vielleicht haben die Ärmsten in ihrer Not das Fasten tatsächlich nur vorgeschützt, und zwar aus Höflichkeit. Schließlich fürchten nicht wenige die ständigen Feiern im Büro – Einstände, Ausstände, Beförderungen, Projektabschluss und dann die Geburtstage.

Denn seien wir mal ehrlich: Es hat doch dauernd jemand Geburtstag.

In Stoßzeiten, also im September und Oktober (die Weihnachtskinder) und im Januar und Februar (die von Ostern) stellt dreimal in der Woche einer Kuchen, Gummibärchen, Schokolade und Marshmellows auf den Tisch und entkorkt einen Sekt, wobei es zur Feier des Tages auch mal was Feineres sein darf – Freixenet semi seco.

Dann strahlt er oder sie in die Runde und ist beleidigt, wenn man nicht kräftig zulangt. Einerseits zu Recht, aber die Fresseinladungen halten erheblich von der Arbeit ab. Und die drängt bisweilen, gerade bei der Tageszeitung.

Wenn man Pech hat, wird das Ganze statt Mittagessen aufgetischt: „Du brauchst heute nicht in die Kantine, ich hab was Leckeres mitgebracht, in der Teeküche um 12. Du kommst doch?“.

Für Leute mit erwachsenem Geschmack und vernünftigem Essverhalten ist das tragisch. Denn man kann schlecht ablehnen, aus den von der FAZ genannten sozialen Gründen.

 

Mittags was Richtiges

Man mag ja die Kollegen gerne, aber manche Leute wollen mitten am Tag keinen Kuchen oder Süßzeug essen, und schon gar nicht das warme Mittagessen dafür ausfallen lassen. Der gesamten Redaktion von Quarkundso.de wird schon bei dem Gedanken daran schlecht.

Käsekuchen, hausgemacht

Geburtstagsterror im Büro: Käsekuchen. Mit Liebe gemacht.

Denn es gibt sie, Erwachsene, die sich wie Erwachsene ernähren. Also von einem gescheiten Mittagsgericht als Hauptmahlzeit. Nicht von Kuchen und Naschwaren.

Es gibt tatsächlich auch Leute, die, selbst wenn sie nicht gerade fasten, nicht jeden Tag Süßes mögen, sondern nur ab und an. Auch ist wahlloses Zwischendurchfuttern nicht jedermanns Sache.

Dazu müssen diese Menschen sich nicht kasteien. Es ist natürlich, nicht ständig Gier nach Süßem zu haben.

Das Gegenteil ist es nicht, das nur am Rande.

Und es gäbe dazu eine Menge zu sagen, was wir bei nächster Gelegenheit wortreich nachholen werden. Jetzt aber nicht. Jetzt begnügen wir uns damit, zu konstatieren: Eine ganze Reihe von Menschen mag Süßes nicht besonders und nicht so oft. Viele bevorzugen Salziges und Herzhaftes, das ist normal.

 

Betonschwerer, nasser Käsekuchen

Beim Büro-Geburtstag kommt aber selten jemand auf den Gedanken, für diesen – erheblichen – Teil der Menschheit mittags einen schönen Aufschnitt zu servieren.

Käseplatte, drei Stück Käse, Schälchen mit Saucen und Fruchtzubereitungen

Bitte mal was anderes. Vielleicht eine Käseplatte?

Oder kaltes Roastbeef mit ein paar Gewürzgürkchen und Laugenbrezeln, vielleicht noch eine selbstgemachte Sauce Tartare dazu. Oder eine Käseplatte.

Nein, es muss ein Geburtstagskuchen sein.

Und erschreckend oft ist ein betonschwerer, nasser Käsekuchen im Spiel.

Gerne nach dem Rezept der sächsischen oder schlesischen Oma, dann gibt es statt Freixenet halbtrockenen Rotkäppchen-Sekt.

Die Variante im hippen Ambiente sind Donuts mit Zuckerguss in Giftfarben. In dieser Szene drohen auch vegane Kuchen, die eiskalt aus dem Kühlschrank kommen, weil sonst die Füllung vom Kekskrümel-Boden fällt.

Oder die trocken und extrem süß sind („der ist aber gesund, da ist kein Zucker drin, nur Agavendicksaft!“).

Ja, ist klar. Dankeschön, sehr lecker.

 

Stumpfe Fress-Rituale im Alltag

Ehrlich, es ist hochnotpeinlich, dem auszuweichen, wenn man nicht zur Fraktion der Süßesser und Liebhaber klebriger Kreszenzen gehört. Dann muss man halt mal was vorschützen: Fastenzeit, Diät, Antibiotika, ganz viel Arbeit oder einen Arzttermin in der Mittagspause.

Die elegante und faire Lösung ist es natürlich, einen Kaffee oder Tee (heimlich ohne Zucker) mitzutrinken und zu fragen, ob man sich von dem köstlichen Kuchen was einpacken kann.

Dann freut sich das Geburtstagskind, der Kuchen kommt weg und wer ihn wann isst, kann man selbst bestimmen.

Die bessere Lösung sind weniger stumpfe Fress-Rituale im Alltag.

Das aber ist der Beginn einer langen, langen Serie.

©Johanna Bayer

Artikel in der FAZ über Fasten als „bessere Diät“ vom 7.3.2018

Fasten mit der FAZ 2017 bei Quarkundso.de

Aus eigener Werkstatt: Beitrag über Intervallfasten bei Quarks&Co mit Ralph Caspers

 

* Den Stand des Textes mit Datum vom 11.3.2018 kann die Abteilung Dokumentation bei Quarkundso.de natürlich belegen, ist als PDF gesichert.

 

  1. Michael Altherr

    Fragen Sie doch bitte mal den Lebensmittelchemiker Udo Pollmer, was er vom Fasten hält: Das wird so lehrreich wie lustig. Der Mann vertritt seit Jahrzehnten, verständlich, offenbar mit Gusto und zwischen allen Fronten, Stühlen und Bänken, wovon er, gut qualifiziert, mit gesundem Menschenverstand, aus guten Gründen überzeugt ist – und scheut sich auch nicht, eine Frage offenzulassen, oder seine Meinung zu ändern, wenn die Faktenlage dafür spricht. Hat er dafür nicht längst einen Wissenschaftspreis verdient?

    • Kommentar des Beitrags-Autors

      Lieber Herr Altherr,
      was Udo Pollmer vom Fasten hält, weiß ich so ungefähr: nix. Ich wiederum halte zwar von den meisten Fastenformen, aber nicht von allen Fastenformen nix, vor allem nicht vom Intervallfasten. Dieses Prinzip leuchtet mir nämlich ein, im Gegensatz zu anderen verquasten Fastenformen oder wochenlangem Hungern. Aber meine Position ist in dem Beitrag zur FAZ natürlich nicht vollständig abgebildet, es geht ja auch um anderes. Was einen Wissenschaftspreis für Udo Pollmer angeht: Als Wissenschaftler ist er ja nicht unterwegs. Aber einen Medienpreis hätte er sicher verdient. Nur vergeben genau die Institutionen und Verbände solche Auszeichnungen, die Pollmer höchst polterig kritisiert, zum Beispiel die DGE, die Deutsche Gesellschaft für Ernährung. Die sind, das kann ich nur vermuten, wohl eher nicht geneigt, ihm seine Kritik zu verzeihen und ihn dafür mit einem Preis zu belohnen. Ich persönlich teile auch nicht alle seine Ansichten. Aber als Aufklärer und als Pionier des kritischen Schreibens über Ernährung hat er allemal eine Würdigung verdient.
      Herzliche Grüße!

      • Michael Altherr

        „Aber einen Medienpreis hätte er sicher verdient“, ja! Gerade die von ihm „polterig kritisierte“ DGE sollte ihn würdigen: An Kritikern wie Pollmer können die DGE und ähnliche Institutionen aller Fach-, bzw. Interessensgebiete wachsen – bzw. schwinden.
        Intervallfasten tu ich seit Monaten, mit Ausnahmen, bzw. seit Jahren, mit längeren Ausnahmen, 16/8h, manchmal auch 6×16/8, 1×24/0, 6×16/8 – und ich habe das Gefühl, mir tuts gut. Einbildung und Hungerhoch? Nur jeden 2. Tag zu essen, hab ich bisher kaum versucht, weil ich am 3. Tag jeweils immer noch heisshungrig bin – aber ich hab auch kein Übergewichts- sondern eher ein Untergewichtsproblem – und hege die mutmasslich vergebliche Hoffnung, durch das Intervallfasten vielleicht ein besserer Verwerter zu werden. Nur bei schwerer körperlicher Arbeit geht das natürlich nicht: Da muss ich 3 oder besser 5x am Tag essen, sonst fehlt mir Kraft. Mehr als 6 Tage hab ich noch nie gefastet, weil ich hungrig war – und nicht weiter abnehmen wollte: Dies das rationale Argument, bzw. die Ausrede dafür, nicht bis zur Erleuchtung, oder wohl eher dem Verlöschen durchzuhalten. Letzteres hat noch Zeit, was mich betrifft. Gerne verstünde ich mehr von den physiologischen Prozessen beim Fasten und Intervallfasten – aber mir fehlt das Wissen, die diesbezüglichen Behauptungen und angeblichen oder tatsächlichen Forschungsresultate auch nur annähernd zu beurteilen. Ich mags nur einfach, wenn mein Magen knurrt, bevor ich esse – und geniess es dann…

  2. Blaustrumpf

    Ich habe den Artikel in der FAZ jetzt gelesen und für mich ist Deine bösartige Kommentierung nicht nachvollziehbar. Es handelt sich doch dabei um reines Feuilleton, also um Unterhaltung und nicht um eine ernährungswissenschaftliche Abhandlung. Dieser Fastenunfug ist auch m.E. mit den xyz-Nahrungsunverträglichkeiten gleichzusetzen, schlicht ‚Kappes‘.

    • Kommentar des Beitrags-Autors

      Liebe Dagmar,
      klar, ein feuilletonistischer Beitrag muss keine ernährungswissenschaftliche Abhandlung sein. Aber wenn Wissen vorgespiegelt wird, zum Beispiel bei der Erklärung zum „traditionell-religiösen“ Fasten, dann sollte was dahinter stecken. Das ist sogar journalistische Pflicht. Wer feuilletonistisch kommentiert, ist nicht über die Fakten erhaben, eher im Gegenteil. Ein halber Satz genügt jeweils, aber den Kontext muss man im Auge haben. Bei der Religion versucht es die Autorin ja auch, leider erfolglos. Dazu das schlechte Texten und die Klischees. Furchtbar. 🙂 Viele Grüße

  3. Thomas Maile

    Wenn das Essen von 12 bis 20 Uhr so gesund ist (Ausgewogenheit und Mäßigung vorausgesetzt), sollte man es wohl eher Intervall-Ernährung oder eben -Essen nennen – dann wäre das böse F(asten)-Wort vom Tisch. Leider halt auch ein beliebtes Keyword für Frauen-Zeitschriften und -Portale…… Außerdem hat die Redaktion von quark und so ja schon einmal ausführlich dargelegt, dass der Mensch mampfmäßig gar nicht auf üppiges Frühstück vorbereitet ist . Unsere frühen Vorfahren haben selten was vor Mittag hinter die Kiemen bekommen, weil sie ihre Nahrung erst suchen oder jagen mussten.

    • Kommentar des Beitrags-Autors

      Hallo Thomas,
      es gibt verschiedene Konzepte des Intervallfastens, darunter das, bei dem man nur von 12 bis 20 Uhr essen sollte, aber auch andere, die die freistellen, wann die Nahrungspause erfolgt. Es gibt Leute, die lieber das Mittagessen als das Abendessen ausfallen lassen wollen. Und ja, Frühstück ist kein Muss, dabei bleiben wir definitiv. Aber auf uns hört ja keiner 😉 wobei die Leute, die das Intervallfasten propagieren, auch sagen, dass man ohne Frühstück die nächtliche Fastenphase einfach verlängern kann. Zum Ausdruck: „Fasten“ ist klar, knapp und elegant. „Ernährung“ ist doof. Ich finde es sehr clever, die Methode „Intervallfasten“ zu nennen.

      • Thomas Maile

        „Fasten“ ist als Begriff eleganter als „ernähren“. Ein für mich neuer Gedanke. Hat aber was. Könnte man inhaltlich vielleicht weiterspinnen. Beispielsweise vor dem Hintergrund wissenschaftlicher Aussagen, ein auf leichtem Mangel gehaltener Körper laufe effizienter als ein übersättigter. Ich jedenfalls bemühe mich schon seit längerem, nur zwischen 12 und 20 Uhr zu essen. Ich habe leicht abgenommen (es fehlt an der Mäßigung), halte aber mein Gewicht. Und ich fühle mich wohl damit. Nur: Als Fasten empfinde ich es nicht. Beste Grüße!

        • Kommentar des Beitrags-Autors

          Lieber Thomas,
          das ist ja der Witz: Menschen empfinden das Kurzzeitfasten nicht als Tortur, nicht als das, was ihnen immer an Diäten oder Fastenkuren so abschreckend erschien – langes Hungern, quälender Verzicht über Wochen oder gar lebenslang. Die Forscher, die damit experimentiert haben, wollten genau das: ein Ess-Regime finden, bei dem auf einfache Weise Kalorien eingespart werden und an dem die Leute dranbleiben. Das Problem bei praktisch allen Abnehmprogrammen ist, dass die Leute sie nicht auf Dauer durchhalten. Entweder sie sind zu streng oder zu kompliziert, mit Messen, Wiegen, Tabellen und besonderen Zutaten. Das alles fällt beim Intervallfasten weg, ein großer Vorteil. Und wenn es keine großen Abnehmerfolge gibt, so hilft es wenigstens, das Gewicht zu halten und nicht weiter zuzunehmen. Das ist schon mehr als die halbe Miete beim Übergewichtsproblem.
          Viele Grüße!

  4. Stefan

    Wieso ist das denn notwendig sich an der FAZ abzuarbeiten, anstatt dass ganze schlicht zu ignorieren?
    Wie hoch ist denn die Wahrscheinlichkeit, das dieser Artikel von genau so vielen wie den selben Menschen gelesen wird wie der ursprüngliche Artikel zum Thema des Fasten? Gering, behaupte ich mal an dieser Stelle.

    Das eine ist Massen mediale Verdummung und dass andere sind jene Webseiten/Blogs von privat geführt wie diese, die bestimmt was besseres zutun hat als sich an irgendeiner These eines Massenblatt abzuarbeiten.

    Mit der Massen medialen Verdummung meine ich in dem Zusammenhang, das jene Blätter wie FAZ oder SPIEGEL oder FOCUS oder wie die sonst noch so heißen mögen alle samt, genau davon leben das die Masse an Menschen jene kauft und liest sowie sich kurz darüber im eigenen Monolog ärgert und dann dann wieder zum Alltag übergeht. Da wird zumeist eine vorgekaute Meinung verbreitet welche die meisten Leser nur noch bereitwillig schlucken, egal welcher Geschmack dem anhängt.

    Es ist die Mühe schlicht nicht wert sich an sowas abzuarbeiten, denn erstens liest diese Masse die eigenen Schriften eher selten bis gar nicht und zum anderen steht diese Seite selbst dadurch in einem genau so schlechten Licht da wie jene auf die vorher von oben herab mit dem Finger drauf gezeigt wurde.

    Denn nachdem ich diesen ganzen Artikel gelesen hatte, war die Erkenntnis daraus dass dieser Text eher einer persönlichen Fehde gleicht anstatt konstruktiver Kritik.

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