Gefundenes Fressen

Werbeverbote in der WELT: Meinen die das ernst?

Bunte Gummibärchen auf schwarzem Hintergrund

Gummibärchen sind unsere Freunde, sagt DIE WELT. Ist das so?

DIE WELT bringt einen Beitrag zum Thema Werbeverbote und stellt eine steile These auf: Das rasante Wachstum der Zahlen zu Adipositas gehe „vor allem auf veränderte Grenzwerte zurück“. Das ist postfaktischer Unsinn – wir schreiten ein.

 

Wir bleiben am Thema Übergewicht kleben wie die Klimaschützer am Asphalt. Allerdings unfreiwillig und nur, weil es so hoch hergeht mit den Werbeverboten für und der Ernährungsstrategie des Bundesernährungsministers Cem Özdemir.

Der will Kinder „gesünder ernähren“, was immer das heißen soll, und deshalb  Werbung für „ungesunde Lebensmittel“ – was immer das sein soll – bis tief in die Nacht einschränken.

Industrie und Werbewirtschaft sind natürlich empört, Gesundheitsschützer applaudieren, Politiker rennen zwischen beiden hin und her, klar. Allerdings ist das Gesetz noch nicht durch den Bundestag gegangen.

Bis zur Abstimmung darf daher diskutiert, getobt und gelärmt werden. Und zwar von allen Seiten, das gehört zur Demokratie.

 

Die Bürger streiten, die Politik entscheidet

Kein Witz. Wir sollen streiten. Dann erst entscheidet die Politik. Daher lohnen sich Debatte und Austausch von Argumenten, egal von welcher Seite.

DIE WELT ist hier groß eingestiegen und hat sich in mehreren Beiträgen gegen das Werbeverbot postiert, allerdings – intern pluralistisch – zuvor auch gegen Übergewicht, Zucker und zu viel Futtern.

Der neueste Streich stammt von Jan Grossarth, einer bekannten Figur in der Ernährungsszene. Er war mal Redakteur bei der FAZ, wenige Monate auch Leiter der Kommunikation bei Julia Klöckner im BMEL. Inzwischen hat er eine Professur für Bioökonomie, weil er gelernter Volkswirt ist. Ab und zu schreibt er noch, zum Beispiel für die WELT.

Seit neuer Artikel vom 17.4.2023 heißt „Die Dickmach-Epidemie“. Der Titel ist schon Programm, der Beitrag selbst aber nur eine Mischung aus Nabelschau, Anekdoten, Buchrezension und Versatzstücken aus der Kulturgeschichte. Mit Längen, dazu kommen wir noch.

Der Vorspann kündigt jedenfalls eine sehr knackige Wahrheit an:

Cem Özdemir hat der Süßigkeiten-Werbung den Kampf angesagt. Und wieder muss eine vermeintliche Epidemie für das Verbot herhalten: Diesmal heißt sie Adipositas. Deren rasantes Wachstum aber geht vor allem auf veränderte Grenzwerte zurück. Die Geschichte einer Pathologisierung.

Quelle: DIE WELT, Vorspann zum Artikel von Jan Grossarth, 17.4.2023

 

Meinen die das ernst?

Steile These. Richtig steil. Alleine das Rühren an Mythen aus der Corona-Zeit, von wegen „wieder muss eine vermeintliche Epidemie für das Verbot herhalten“.

Vermeintlich, aha. Sorry, WELT-Redaktion, aber es ist schon sehr, sehr derbe populistisch, hier das Corona-Verschwörungsmilieu zu zitieren.

Andererseits passt es zum Artikel. Denn der Teaser behauptet ebenso wie der Autor, dass die Menschen, ob in Deutschland oder weltweit, nicht wirklich dicker werden. Es liege alles nur an „veränderten Grenzwerten“.

Meinen die das ernst?

Gut, der Beitrag ist als „MEINUNG“ gekennzeichnet und braucht daher auf Argumente keine Rücksicht zu nehmen. Aber etwas zu behaupten, das so offensichtlich dem internationalen wissenschaftlichen Konsens widerspricht, geht in einem, nun ja, Blatt mit Qualitätsanspruch nicht einmal als Meinung durch.

Das ist postfaktischer Unsinn.

 

Die Adipositas-Epidemie rollt über die Welt

Die Zahlen dazu, wie Übergewicht und Adipositas weltweit zugenommen haben, sind so klar, dass eine Reihe von Ländern die Lage zum nationalen Gesundheitsproblem erster Ordnung erklären musste, etwa Chile, Mexiko und mehrere Golfstaaten wie die Vereinigten Arabischen Emirate.

Dabei geht es nicht um die Figur, sondern um die Folgen. Allen voran ist das Diabetes Typ 2, dazu kommen Herzinfarkt, Schlaganfall, Gelenkprobleme und Krebs.

Diesen Zusammenhang zu leugnen ist rundheraus ignorant, wenn nicht sogar gefährlich.

Quellen, Belege, Argumente für die Behauptung hat Grossarth allerdings nicht – nur eine einzige Referenz: den Soziologen Friedrich Schorb. Auch der ist in der Szene bekannt, im Zusammenhang mit einem Verein, der sich „Gesellschaft für Gewichtsdiskriminierung nennt“. Dagegen, die Diskriminierung von Dicken, kämpft  Schorb seit Jahren. Die WELT zitiert ihn so:

„Der Soziologe Friedrich Schorb von der Universität Bremen hat dazu einen Artikel verfasst. Er erinnert daran, dass die Grenzwerte immer wieder abgesenkt worden seien, die im international anerkannten „Body Mass Index“ die Fettleibigkeit anzeigen. Das vergrößerte das Problem statistisch. Erst dadurch konnte man also von einer „Adipositas-Epidemie“ sprechen. Der Body-Mass-Indexwert von 25 markiert seit einer Festlegung durch die Weltgesundheitsorganisation den Grenzwert für „Übergewicht“, ab 30 für „Adipositas“. (…)

Schorb stellt dazu fest: „Die weltweite Vereinheitlichung der Grenzwerte, nicht zuletzt auf Druck der Pharmaindustrie, hatte zur Folge, dass in den USA über Nacht 35 Millionen Menschen, die bis dahin als ,normalgewichtig‘ galten, zu Übergewichtigen‘ deklariert wurden.“ Ähnlich seien auch die definitorischen Schwellenwerte der WHO für Blutdruck, Blutzucker, Blutfett oder die als „gesund“ geltende Knochendichte immer wieder abgesenkt worden.

 

Gegen Diskriminierung – und für die Fakten

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Die Goldenen Blogger: Nominiert als einer der vier besten Foodblogs 2015

An dieser Stelle muss der übliche Disclaimer kommen:

Auf keinen Fall sind wir gegen Leute, die Diskriminierung bekämpfen. Wir unterstützen sie. Niemand darf wegen seines Äußeren, wegen Krankheiten, seiner Herkunft oder anderer Merkmale diskriminiert werden.

Aber deshalb darf man die Fakten nicht leugnen. Oder die Wissenschaft.

Dicke nicht zu diskriminieren und gleichzeitig anzuerkennen, dass Übergewicht und Adipositas ungesund sind, muss zusammen gehen.

Auch war es nicht der „Druck der Pharmaindustrie“, der die WHO Ende der 1970er Jahre dazu veranlasst hat, die „Schwellenwerte“ für Übergewicht zu senken. Stattdessen haben Versicherungen den BMI als Messgröße interessant und bekannt gemacht, weil sie den Zusammenhang zwischen Körpergewicht und Krankheiten statistisch erfasst haben.

Dabei blieb es nicht: Seit den 1970er Jahren ging die Forschung zu den Kategorien des Übergewichts weiter, wie Professor Dr. Jens Aberle, Präsident der Deutschen Adipositas Gesellschaft im Oktober 2022 auf einer Pressekonferenz in München erklärt hat.

Denn die Skepsis gegenüber den BMI-Stufen kommt immer wieder.

 

Was sagt der BMI wirklich aus? 

Auch in München gab es diese eine Redakteurin eines Verbrauchermagazins auf, die mutig ihre Kritik vorbrachte: Sie wies die anwesenden Wissenschaftler auf den großen Irrtum hin und fragte dann, warum die Mediziner „immer noch“ den BMI als Messwert für Übergewicht und Adipositas verwendeten.

Jeder wisse doch längst, dass dieser höchst umstritten und eigentlich passé sei. Der BMI erfasse zum Beispiel muskulöse Sportler und Bodybuilder nicht, und überhaupt könne er nichts über den Gesundheitszustand aussagen.

Professor Aberle, Adipositas-Experte an der Universitätsklinik Hamburg, hat sehr trocken geantwortet. Und sehr kurz:

„Weil es überwältigende wissenschaftliche Evidenz für den BMI gibt“.

Prof. Dr. Jens Aberle, Präsident der Deutschen Adipositas-Gesellschaft DAG auf einer Pressekonferenz in München, 6.10.2022

Mehr hat er nicht gesagt. Der Redakteurin verschlug es die Sprache. Sie setzte sich und diskutierte nicht – überwältigende wissenschaftliche Evidenz für den BMI?

Nun, so ist es. Die Legende, dass in der WHO damals, in den 1970ern, Leute saßen, die angeblich mit der Pharmaindustrie verbandelt waren und dass sie den „Grenzwert“ gesenkt haben, um der ganzen Welt ihre Diätpillen zu verkaufen, ist unerheblich, um nicht zu sagen ein Verschwörungsmythos.

Aber die Dauerpropaganda vom untauglichen BMI und Ärzten, die Menschen absichtlich krank machen wollen, lebt in der Publikumspresse weiter.

Sie hat Folgen: Patienten schätzen ihren BMI überwiegend falsch ein, nämlich zu niedrig, wie das Ärzteblatt berichtete. Sie nehmen ihr eigenes Übergewicht nicht wahr und übersehen die Grenze, ab der es gefährlich wird.

 

Die Legende von den glücklichen Dicken ist widerlegt

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Wissenschaftsblog 2015: Sonderpreis der Redaktion „Wissenschaft kommuniziert“

Im Übrigen wissen Experten sehr wohl, dass der BMI eine exzellente Einschätzung für das Risiko bietet, aber keine Diagnosen angibt. Ob die jeweilige Person wirklich krank ist und ob weitere Risiken bestehen, untersuchen Mediziner erst.

Der BMI zeigt jedoch eine Risikokorrelation. Denn Fakt ist: Früher oder später hat starkes Übergewicht Folgen.

Der Körper ist nicht darauf ausgerichtet, dauerhaft 20, 30 oder mehr Kilos mit sich herumzuschleppen. Daher schwächeln selbst bei angeblich gesunden Dicken mit guten Blutwerten irgendwann Knochen, Bänder und Bandscheiben.

Je nach individuellem Zustand gilt das sogar schon für moderates Übergewicht von 5 bis 15 Kilo ab BMI 26: Wenn keine Stoffwechsel-, Herz- oder Kreislaufprobleme auftauchen, machen sehr häufig Hüften, Knie und Rücken Probleme.

Das ist längst medizinisches Allgemeinwissen und an den Zahlen gibt es keinen Zweifel. Belege haben wir, wir verweisen auf Prof. Dr. Johannes Erdmann, Professor für Ernährungsmedizin, in „Satt essen und abnehmen“, 2019, Seite 21.

Wobei, kleiner Transparenzhinweis, wir uns damit auch selbst zitieren – und das Buch, entstanden mit Quarkundso.de, kann man übrigens kaufen, der Link steht unten. Es lohnt sich.

Am Ende bleibt aber die Frage, warum der ausgezeichnete Journalist Jan Grossarth im Qualitätsblatt DIE WELT eine Ansammlung von Anekdoten und postfaktischem Quark ohne wissenschaftliche und medizinische Referenz verbreiten kann.

 

Medizinische Laien und Aktivisten

Sein Gewährsmann, der Soziologe Friedrich Schorb, betreibt diese „fettpositive“ (Zitat) Propaganda schon seit über 10 Jahren, zusammen mit ein paar Genossinnen. Sie kommen, wie er, überwiegend aus der empirischen Sozialforschung und behaupten beharrlich, die Forschungslage zu Adipositas sei „umstritten“.

In den USA ist diese Bewegung als Fett-Lobbyismus schon seit den 1970er Jahren aktiv. Fat Shaming, Fat Studies und Fat Acceptance nehmen dort eine noch viel größere Rolle ein als in Deutschland und bilden für Schorb et al. die Blaupause.

Und auch in den USA geben nicht Mediziner den Ton an. Stattdessen sind es Soziologen, Gender- und Kulturwissenschaftlerinnen, die Übergewicht als sozial verursacht, sozial definiert und, verbunden mit der BMI-Kritik, als sozial konstruiert ansehen: ein interessegeleitetes „Normierungsprogramm“ (Zitat Schorb et al.)

Dagegen stehen Studien, Zahlen und Bemühungen der Gesundheitsexperten: der Weltgesundheitsorganisation WHO, in Deutschland viele Fachgesellschaften wie die Deutsche Adipositas-Gesellschaft DAG, die Deutsche Diabetes-Gesellschaft, die Deutsche Allianz für Nichtübertragbare Krankheiten DANK. Krankenkassen. Kinderärzte. Stiftungen.

Wem will man in diesem Feld die größere Expertise zutrauen?

Wir raten zu den Gesundheitsexperten. Bleibt noch die Frage, was das alles mit dem Werbeverbot und mit Kindern zu tun hat.

 

Anekdoten über Süßes

Dazu bringt Grossarth allerlei Vermischtes statt der „Geschichte einer Pathologisierung“. Die wäre aber interessant gewesen: Gab es diese Umdeutung von Übergewicht wirklich? Was ist der Hintergrund?

Im Artikel kommt außer dem vagen Verweis auf ein Buch von Schorb nichts. Stattdessen erzählt der Autor viele Anekdoten aus seiner Kindheit.

Gummibärchen und Süßigkeiten waren Freunde, und „guten Freunden“ könne man nicht „den Kampf ansagen“. Dann waren da noch der Opa und der Lieblingslehrer, die Süßigkeiten zur Belohnung geschenkt haben; ein angeblicher „Anthropologe“ von der Universität Regensburg darf zur Geschichte des Zuckerkonsums etwas sagen. Allerdings ist Gunther Hirschfelder kein Anthropologe, sondern Historiker und zur Sache mit dem Werbeverbot und zum Übergewicht trägt er nichts bei.

Insgesamt, meint Grossarth, sei die „Medialisierung“ Schuld an den Verbotsplänen des Ministeriums.

Mit seinen Zahlenspielen bestreitet er dabei, dass nicht nur einige Kinder zu dick sind, sondern auch sehr, sehr viele Erwachsene – die immer mehr und immer dicker werden.

 

Werbeverbote mit Hidden Agenda?

Die Erwachsenen sind aber das wahre Problem.

Hinter den Werbeverboten steht deshalb diese große Allianz von Gesundheitsverbänden, Krankenkassen, Medizinern und Verbraucherschützern.

Die hofft, folgende Generationen noch bewahren zu können, nach dem Motto: Verbieten wir Werbung, die sich an Kinder richtet, dann werden sie „gesünder essen lernen“. Und als Erwachsene bleiben sie schlank.

Ob diese Rechnung aufgeht, ist völlig ungewiss.

Sie ist wohl nicht mehr als ein ungelenker  Versuch, der letzte oder einzige Strohhalm. Wenn die Industrie also befürchtet, dass nach dem neuen Werbegesetz viele Lebensmittel wie Wurst und Käse nicht mehr angepriesen werden dürfen, da sie Fett oder Salz enthalten, liegt sie vielleicht nicht völlig daneben.

Möglicherweise ist das die Hidden Agenda der Verbotspläne: Nicht die Kinder sollen geschützt werden. Sondern auch und gerade Erwachsene.

Denn Menschen werden ab dem Alter von 30 Jahren dick. Nicht als Kinder. Schließlich sind über 65 Prozent der Erwachsenen übergewichtig oder adipös, aber nur 15 Prozent der Kinder.

 

Übergewicht: Niemand weiß, was funktioniert

Im Klartext: Vielleicht schützt das BMEL die Kinder nur vor. In Wahrheit geht es darum, die Werbung für leckeres Essen, Wurst, Naschereien und Limonaden insgesamt einzudämmen. Ehrlich gesagt wäre das sogar durchaus nachvollziehbar.

Nur fragt sich, ob es funktioniert.

Fakt ist nämlich auch, dass Werbeverbote noch in keinem Land Übergewicht reduziert haben. Selbst Steuern und Preiserhöhungen ändern nichts: Die Menschen essen einfach mehr von anderem.

In Mexiko, wo Limonaden teurer wurden, weil die Regierung Süßgetränke als Treiber der Diabetes-Epidemie ausgemacht hatte, gingen tatsächlich die Verkaufszahlen für Cola, Limo und Säfte zurück.

Aber Übergewicht und Diabetes nicht.

 

Wie man Menschen erziehen kann. Nicht.

In diesem Punkt hat Grossarth Recht, wenn er davon spricht, dass der Werbung einerseits und der Verbotspolitik andererseits zu viel Macht angedichtet wird.

Vielleicht sind die Verbotspläne nur billige Kosmetik und sollen das Gefühl erzeugen, dass man etwas getan hat.

Man könnte aber auch den staatspädagogischen Optimismus begraben. Und dazu gleich das isolierte Starren auf einzelne Lebensmittel, denn auch das hilft nicht. Zu sehen ist das an den Zahlen für Zucker: Der Zuckerkonsum in Deutschland liegt seit Jahren konstant bei ca. 35 Kilo pro Kopf und Jahr.

Seit dem Höchststand um 1982 mit fast 40 Kilo ist er sogar gesunken, um fast 20 Prozent. Auch der Verzehr von Wurst, Fleisch und Milch ist keineswegs gestiegen, diese Lebensmittel stehen ja ebenfalls unter Verdacht, was die dicke Welle angeht.

Anders Übergewicht und Adipositas: Beide steigen stetig an.

Seit 1999 ist der Anteil der Übergewichtigen und Adipösen in Deutschland von rund 30 Prozent auf über 60 Prozent gestiegen. Normalgewichtige sind ab dem Alter von 60 Jahren schon seit 2017 in der Minderheit.

 

Adipositas mit Zucker – oder ohne

Das ist kein Zahlenspiel, mit dem Menschen dick und krank gerechnet werden, wie Grossarth, Schorb und Fett-Aktivisten suggerieren: Man sieht es auf den Straßen, in den Schulen, den Altenheimen, den Krankenhäusern, den Schwimmbädern.

Das ist es, was Politikern und Gesundheitsschützern Angst macht. Ihr hilfloses Rudern, die panische Suche nach Rezepten folgt daraus – das, was Grossarth „Symbolpolitik“ nennt.

Lösungen hat noch keiner, alles scheint gleich untauglich. International.

Das Wohlstandsdilemma liegt offen zutage: Je reicher die Menschen werden, je angenehmer das Leben, desto dicker werden sie.

 

Wie beim Klima: Jeder ist verantwortlich

Lässt sich das Rad zurückdrehen? Sind die modernen Gesellschaften mit Klima- und Gesundheitskatastrophe kurz vor dem selbst verschuldeten Untergang?

Kann schon sein.

Die Parallele zur Klimakrise reicht weit: Bei Gesundheit und Gewicht ist jetzt jeder Einzelne gefordert, Verantwortung zu übernehmen. Für sich sowieso, aber auch für seine Kinder.

Wir von Quarkundso.de gehen selbstverständlich mit gutem Beispiel voran: In der gesamten Redaktion ist Normalgewicht vorgeschrieben. Streng. BMI unter 25 muss sein.

Zugleich arbeitet unser hauseigener Think Tank an radikalen Lösungen – das Thema wird, wie es aussieht zu einer langen Reihe werden. Wir berichten.

©Johanna Bayer

Beitrag von Jan Grossarth: „Die Dickmach-Epidemie“ in der WELT vom 17.4.2023

Übergewicht weltweit: Studie von 2016 mit Daten aus 200 Ländern: „Trends in adult body-mass index in 200 countries from 1975 to 2014: a pooled analysis of 1698 population-based measurement studies with 19·2 million participants“, THE Lancet, Apr 2;387(10026):1377-1396

Ärzteblatt.de 2020 zu Gewichtswahrnehmung: Menschen unterschätzen den eigenen BMI

Das Buch zum Blog: „Satt essen und abnehmen“, von Johannes Erdmann, Margit Hausmann und Johanna Bayer, erschienen 2019, zu kaufen bei Amazon.

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2 Kommentare

  1. Es gibt zwei voneinander unabhängige Probleme, und vielleicht wäre es ein guter Anfang bei der Lösung, sie mal getrennt zu betrachten?

    Das eine ist Übergewicht ab dem mittleren Alter. Das ist so alt wie die Menschheit und war schon immer eine typische Veränderung in dieser Altersgruppe außerhalb von Hungersnotzeiten bzw. in gut versorgten Bevölkerungsschichten. Vielleicht ist es gesundheitlich problematisch, aber es ist trotzdem in gewisser Weise „normal“.

    Und das zweite ist Übergewicht in jungen Jahren, bei Kindern, Teenagern und jungen Erwachsenen. Das ist erst in den letzten ca. drei Jahrzehnten zu einem sich häufenden Problem geworden, ist also keinesfalls „normal“ und hat vermutlich nicht dieselben Auslöser wie Problem Nr. 1. (Wahrscheinlich verschlimmert dieser Auslöser auch das Problem Nr. 1 ganz erheblich, ist aber nicht dessen eigentliche Ursache.)

  2. Nun ja, man sucht sich halt die Maßnahmen, die am einfachsten scheinen, wer interessiert sich schon für Wirkungen, Hauptsache, es geht gegen die Wirtschaft, der man einseitig die Schuld zuweist.