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Küchenzeile zur Ukraine: Kriegsgewinn und Kollateralnutzen – was Putins Krieg mit uns macht

Holzbrett, Brot

Putins Krieg: Geht uns das Brot aus?

Putin hat die Ukraine überfallen und zerbombt Städte, über drei Million Menschen sind geflohen. Was für eine Katastrophe – doch Quarkundso.de schaut auf das Gute: Was wir jetzt lernen können.

Die Weltlage rechtfertigt einen Sonderbericht auf Quarkundso.de – die ernährungstechnischen Aspekte dieser Katastrophe sind zu beleuchten, schließlich ist das die Kernkompetenz der Redaktion. Und gegessen wird immer.

Die Ukraine steht also unter Beschuss, weit im Osten – die Deutschen reagieren: Sie hamstern. In den Supermärkten sind Mehl und Öl aus, weil man gehört hat, dass beides oft aus der Ukraine kommt. Wegen des Ansturms hat Aldi Süd schon das Speiseöl rationiert, nur zwei Flaschen pro Haushalt sind erlaubt.

Das Horten hat man in Deutschland zu Beginn der Corona-Pandemie 2020 neu entdeckt. Allerdings ging es da weniger um Knappheit als um die Angst vor Ausgangssperren: Die Kunden schleppten säckeweise Toilettenpapier und Küchenkrepp aus den Läden, weil sie fürchteten, wochenlang das Haus nicht verlassen zu dürfen. Da wollte man es doch gemütlich haben.

Preisschock bei Lebensmitteln

Anfang 2022 ist auch nicht die Angst vor Hunger das Problem. Eher geht es ums Geld: Viele Lebensmittel werden empfindlich teurer durch die Krise.

Überraschen darf das niemanden, denn die Preise steigen schon seit Mitte 2021, besonders für Getreide, Speiseöl und Kaffee. Noch vor dem Jahreswechsel beschworen die Medien den „Preisschock“, zu den Gründen zählen schlechte Ernten, teurer Dünger und das Abziehen von Raps für Kraftstoffe.

Die Preise explodieren also nicht, weil „die Russen kommen“. Es wäre auch so passiert.

Seltsam tragisch ist aber, dass seit Jahren Politiker und Umweltaktivisten beklagen, wie wenig die Deutschen für Lebensmittel ausgeben. Essen in Deutschland ist viel zu billig, die echten Kosten werden nicht aufgewogen, bei den Bauern und Landbetrieben kommt zu wenig an, mehr Wertschätzung und weniger Verschwendung sind angesagt, das war die Parole.

Es trifft die Armen

Noch zu Weihnachten 2021 erklärte der frisch gebackene Landwirtschaftsminister der Grünen, Cem Özdemir, Essen dürfe nicht zu Ramschpreisen vermarktet werden. Da war die Inflation wegen stark gestiegener Preise schon längst Thema.

Jetzt aber geht plötzlich eine andere Sorge um: Sind die fetten Jahre vorbei? Müssen wir etwa verzichten? Nein, das ist dem deutschen Steuerzahler nicht zuzumuten.

Auch gibt es in Deutschland nicht wenige Bedürftige, jedes fünfte Kind gilt als armutsgefährdet, bis zu 15 Millionen Menschen leben am Existenzminimum. Die trifft es hart.

Doch der Mehrheit geht es gut – und wer von denen jetzt jammert, hat den Schuss nicht gehört. Klimakatastrophe, Umweltschäden, arme Landarbeiter in der dritten Welt: Die reichen Industrieländer müssen sich wandeln.

Das Tempolimit spart Milliarden Liter Öl

Dass es plötzlich für alle zu drastischen Einschnitten kommen könnte, stößt einigen sauer auf, besonders beim Benzin, denn der Autofetisch vereint Arm und Reich in Deutschland.

Das wissen die Grünen schon lange, die 1998 ihren „Fünf-Mark-Beschluss“ fassten: ein Liter Benzin solle bis zu fünf Mark kosten, um die Umwelt zu schonen.

Das löste fast einen Volksaufstand aus, die Grünen mussten zurückrudern. Dabei hatten sie den Ausgleich durch Steuererleichterungen schon eingeplant. Aber der deutsche Autofahrer lässt sich nicht behumsen – wenn der Spritpreis steigt, ist die Demokratie in Gefahr, das weiß jeder.

Der russische Angriff erzwingt im März 2022 aber exakt diesen hohen Preis für Benzin und Diesel, umgerechnet in Euro. Das hätten sich die Grünen wohl selbst nicht träumen lassen.

Sogar das Tempolimit steht Im März 2022 wieder auf dem Plan, weil der Krieg gegen die Ukraine die Energie verknappt. Es könnte laut Deutscher Umwelthilfe fast vier Milliarden Liter Öl einsparen.

Wenn die Krise gut tut

Das alles wirft die Frage auf, ob die unerwarteten Folgen von Notlagen nicht auch ihr Gutes haben.

So war es auch mit Corona: Panisch füllten die Deutschen im Lockdown 2020 ihre Notvorräte mit haltbaren Lebensmitteln auf, darunter Dosenfisch. Frischer Fisch wurde signifikant weniger gekauft, zumal viele Fischmärkte an der Küste geschlossen waren, Restaurants sowieso.

Die Folge: Die Fischbestände in den Weltmeeren erholten sich, wie Umweltorganisationen und Fischereiverbände meldeten.

Der Verband Slow Food zitierte Mitte 2020 den Helmholtz-Forscher Rainer Froese mit der Aussage, dass 2020 „in der EU als das erste Jahr ohne Überfischung in die Geschichte eingehen“ könnte.

Der Rückgang der Fischerei durch pandemiebedingte Ausfälle biete die einmalige Chance zur nachhaltigen und dauerhaften Erholung der Bestände, und: „Das Virus erledigt nebenbei, was die Fischereiminister nicht geschafft haben.“

Sparen, Haushalten und Selberkochen ließen sich im Lockdown auch gut lernen, zudem ist das Interesse an gesunder Ernährung nochmals deutlich gestiegen, meldete das Deutsche Tiefkühlinstitut 2021.

Genug für uns, Pech für die anderen

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Warum also sollte man in der Krise also nicht auf das Gute schauen? Zum Beispiel, um die hemmungslose Schwelgen in Billiglebensmitteln zu beenden und stattdessen mehr Wertschätzung für das zu schaffen, was im Überfluss vorhanden ist.

Denn entgegen allen Warnungen: Deutschland droht keine Hungersnot.

Bei Brotgetreide sind wir Selbstversorger und decken den eigenen Bedarf. Deutsche Mühlen, ließ der Verband der Getreide-, Mühlen- und Stärkewirtschaft wissen, verarbeiten keinen Weizen oder sonstiges Getreide aus der Ukraine.

Das Brot geht in Deutschland also durch Putins Krieg nicht aus – nur anderswo. Bitter ist der rasante Preisanstieg bei Getreide für die armen Länder. Weltweit steigt der Weizenpreis empfindlich, wie er es in den letzten Jahren schon getan hat: Zwischen 2018 und 2021 verdoppelte sich der Preis für eine Tonne Weizen auf dem Weltmarkt.

Speziell Afrika ist betroffen, Not leiden auch Indonesien, Bangladesh, die Krisengebiete Jemen, Syrien und Libanon. Sie sind dringend auf Weizenimporte aus der Ukraine und Russland angewiesen. Die Welthungerhilfe fürchtet, dass sich der Hunger auf der Welt jetzt drastisch verschärft.

Schlichte Gerichte und der Traum der Volkserzieher

Die Deutschen aber haben es gut. Denn selbst bei Fleisch, Milch, Butter, Käse, Kartoffeln und vielen Gemüsesorten wie Karotten, Zwiebeln und Kohl sind sie nicht wirklich von Importen abhängig.

Hamsterkäufe sind auf keinen Fall nötig, sie schaden eher, Lebensmittelverbände und Politiker raten energisch ab. Das sinnlose Horten treibt die Preise hoch, arme Rentner und Bedürftige sind die Opfer.

Der Selbstversorgungsgrad für Lebensmittel liegt in Deutschland insgesamt bei 88 Prozent. Gemäßigtes Klima, wasserreich, gute Böden – Deutschland und auch die EU mit ihrem riesigen Wirtschaftsraum stehen gut da.

Gut, Kaffee, Kakao, Tee, exotisches Obst und besonderes Gemüse erzeugen deutsche Bauern nicht. Aber notfalls geht es auch mal ohne Genussmittel und Delikatessen.

Dafür könnten Krieg und Krise das wahr werden lassen, wovon Ernährungshüter, Gesundheitsschützer und Volkserzieher seit Jahrzehnten träumen: Menschen lernen, schlichte Gerichte zu schätzen. Sie üben sich in alten Kochtechniken, um aus heimischem Gemüse Geschmack rauszuholen, tauschen untereinander Rezepte aus  und werfen Reste nicht weg, sondern verwerten sie.

Moderne Ernährung: Wie aus Omas Kriegskochbuch

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Überhaupt fällt auf, wie sich Notrationen und moderne Ernährungsratschläge ähneln: Magermilch und Margarine statt Butter; viele Rezepte mit Steckrüben, Kohl, Linsen und Kartoffeln, dafür wenig Fleisch und wenig Fett kommen daher wie aus Omas Kriegskochbuch.

Parallelen gibt es genug: So rationierten die Nazis mit Beginn des Weltkriegs 1939 das Fleisch. Die Wochenzuteilung für Erwachsene lag von 1939 bis 1941 bei 500 Gramm.

Die Rationen wurden zwar kleiner, aber bis Kriegsende litten die Deutschen dank ihrer Raubzüge und Plünderungen anderer Länder keinen Hunger.

Noch im Mai 1945 stand Fleisch auf den Lebensmittelkarten der sogenannten Normalverbraucher – eine Wortprägung der Nazizeit, übrigens: 222 Gramm Fleisch gab es pro Woche, für Schwerarbeiter über 500 Gramm.

Heute rät die Deutsche Gesellschaft für Ernährung DGE dazu, nicht mehr als 300 bis maximal 600 Gramm Fleisch zu essen.

Kollateralnutzen und Kriegsgewinn

Das ist kein Zufall.

Denn die extrem auf Versorgung bedachten Nazis hatten in ihrer Ideologie die Volksgesundheit ebenso auf dem Schirm wie die Zufriedenheit der Bürger. Die sollten den Krieg in der Heimat schließlich mittragen – dafür gab es die Menge an Fleisch, die gesund und zufrieden hält.

Ähnliche Motive, wenn auch einen ganz anderen Hintergrund, haben Ernährungsratschläge heute, kein Wunder, wenn dasselbe herauskommt.
Dabei gibt es noch mehr Vorteile der Kriegsrationen, die sehr genau am echten Bedarf der Menschen orientiert waren.

Internisten erzählen, dass Diabetes Typ 2, der sogenannte Altersdiabetes, bis Ende der 1940er Jahre eher selten war. Laut dem Verband Deutsche Diabetes Hilfe betrug der Anteil in der deutschen Bevölkerung nur 0,6 Prozent.

Heute ist Diabetes Typ 2 Volkskrankheit, es gibt mindestens 7 Prozent Diabetiker, das Zehnfache, mit hoher Dunkelziffer. Der wichtigste Auslöser: Übergewicht.

Auch Karies war im Krieg wesentlich seltener als in der Nachkriegszeit und heute, was Mediziner ebenfalls auf die Ernährung zurückführen.

Pullis gegen Putin – und von allem etwas weniger

Wir von Quarkundso.de wollen daher in der Krise bewusst auf das Gute sehen.

Wir können lernen, uns verändern und anfangen, anders zu leben: bei Gesundheit, Umweltschutz, Klimaschutz. Wir können weniger essen, weniger Auto fahren, weniger prassen und verschwenden, dafür bewusster genießen, wenn es etwas zu genießen gibt. Wir können abnehmen, weniger Billigflüge kaufen und öfter zu Fuß gehen – uns etwas einschränken, wo es geht.

Anfangen kann man gleich mit der Heizung. Um Putin den Geldhahn abzudrehen, lohnt es sich, weniger zu heizen. Demonstranten hielten dieser Tage Schilder hoch, auf denen „Pullis gegen Putin“ stand, gemeint ist: Ein Grad weniger in der Wohnung als gewohnt.

Das spart 6 Prozent Energie und Heizkosten und macht sich beim Komfort nicht groß bemerkbar. Doch hochgerechnet auf die 41.000 000 Haushalte der Republik würde es viele Milliarden Einsparung bringen.

Und das wäre bei den vielen großen Problemen, die nach dem Krieg bleiben werden, mal ein Anfang: Klimakrise, Umweltschutz, Energieknappheit, Hunger auf der Welt. Jeder kann mitmachen. Ab sofort.

©Johanna Bayer

Service: Hamstern ist unsozial, ein vernünftiger Notvorrat ist aber sinnvoll, raten auch Behörden. Essen und Trinken für 10 Tage kann man nach und nach als Reserve anlegen, vor Verfall einfach aufbrauchen und auffüllen.

 

Bild Twitter: Lokale Initiative KatV-Siegen.

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